Informationen für Patienten im Internet: Mehr Fluch als Segen?

Bild von Hebi B. auf Pixabay
Bild von Hebi B. auf Pixabay

Immer mehr Menschen informieren sich vor dem Arztbesuch im Internet. Wie bewerten das Ärzte? Welchen Einfluss hat die COVID-19-Pandemie auf Informationsverhalten der Patienten?

 

Ärztinnen und Ärzten werden in ihrem Arbeitsalltag häufig von Patientinnen und Patienten konfrontiert, die sich vorab im Internet informiert haben. Diese Informationen tragen nach Einschätzungen der Mediziner jedoch häufig nicht dazu bei, die Entscheidungsfindung von Patienten zu verbessern.

 

Das sind zentrale Ergebnisse einer Umfrage unter 85 Ärztinnen und Ärzten in der Weiterbildung Allgemeinmedizin. Sie wurden über die Häufigkeiten des Kontakts und ihren Umgang mit internetinformierten Patienten befragt.

 

Die Umfrage wurde vom Institut für Allgemeinmedizin an der Universität Frankfurt durchgeführt und in der Zeitschrift für Allgemeinmedizin publiziert.

 

Patienten mit Angebot überfordert

Fast die Hälfte der befragten Ärzte gibt an, an zwei, drei oder vier Tagen in der Woche von ihren Patienten mit Gesundheitsinformationen aus dem Internet konfrontiert zu werden; 14 Prozent sogar täglich. Lediglich neun Prozent der Befragten berichteten, während einer regulären Arbeitswoche auf keine internetinformierten Patienten zu stoßen.

Die Informationen, mit denen die Patienten sie konfrontierten, bewerten die befragten Ärztinnen und Ärzte ambivalent. 78 Prozent stimmten (eher) der These zu, dass Patienten durch das Angebot und die Informationen im Internet überfordert seien. Sie gehen zudem in der Mehrzahl davon aus, dass die Patienten nicht über die Kompetenzen verfügen, zwischen guten und schlechten Quellen zu unterscheiden (68 Prozent) und dass Patienten durch das Informationsangebot verunsichert werden (78 Prozent).

 

Vorteile durch internetinformierte Patienten

Gleichzeitig meinen 65 Prozent der Befragten, dass die Entscheidungsfindung von Patienten durch zusätzliche Online-Informationen prinzipiell erleichtert wird – dem Internet als hochwertige Informationsquelle trauen sie aber mehrheitlich nicht. Nur 5 Prozent der Befragten stimmen dem (eher) zu.

 

Diejenigen, die den Internetrecherchen eine positive Auswirkung auf die Gesundheitskompetenz der Patienten zuschrieben, bekräftigen, dass Patienten dadurch bessere Entscheidungen treffen und zugleich die Kommunikation im Patientengespräch erleichtert wird. Für Studienleiter Martin Alexander Graafen ist dies ein positiver Ansatz für das Patienten-Empowerment.

 

Das Vertrauen zum Arzt scheint bei den Patienten aber nicht zu leiden: Lediglich 15 der Befragten haben die Erfahrung gemacht, dass (eher) internetinformierte Patienten weniger Vertrauen zu ihrer Ärztin bzw. ihrem Arzt haben.

 

Pandemie bringt Wandel

Die quantitative Umfrage wurde im Frühling 2019 zusammen mit dem Kompetenzzentrum Weiterbildung Hessen durchgeführt – pandemiebedingte Veränderungen sind entsprechend nicht berücksichtigt.

 

Nach Einschätzung des Studienleiters wenden sich Patienten derzeit aber wieder stärker den klassischen Medien zu und konfrontieren Ärzte mit den dort gewonnenen Erkenntnissen. Da in Pandemiezeiten sehr intensiv nach Informationen aus seriösen Quellen gesucht wird, seien die klassischen Informationsmedien, insbesondere die öffentlich-rechtlichen Anstalten, wieder im Aufwind. „Das ist sogar bei jüngeren Menschen der Fall“, so Graafen im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“. Hier sei allerdings auch eine enge Verzahnung zu internetbasierten Kanälen wie zum Beispiel Apps oder Mediatheken zu beobachten.

 

 

Quelle: aerztezeitung.de